In den ersten Artikeln zum Thema Energiebereitstellung im menschlichen Körper haben wir zum einen bereits über die Rolle der Mitochondrien als die Kraftwerke des Körpers gesprochen. Zum anderen haben wir erklärt, dass sie den für uns überlebenswichtigen Treibstoff ATP, welcher die Energie für unseren gesamten Körper bereitstellt, produzieren.
Darauf aufbauend werfe ich nun einen Blick auf den eigentlichen Prozess hinter der ATP-Herstellung, den Citratzyklus, den man auch unter dem Namen Krebs-Zyklus kennt und die daran anschließende sogenannte Atmungskette.
Das ultimative Kraftwerk: Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße – Aus fast allem kann der Körper Energie herstellen
Wenn man an so etwas wie Wunder glaubt, dann zählt der Energiestoffwechsel im menschlichen Körper aus meiner Sicht zu den abgefahrensten „Wundern“. Nahezu alles können wir in unseren Körper an Nahrung reinwerfen. Durch eine mordmäßig komplexe Abfolge an biochemischen Prozessen extrahiert unser Körper aus all dem genau den Teil, den er in Energie umwandeln kann und stellt daraus das für uns überlebenswichtige ATP her. Und, meine Güte, kann unser Körper viele Dinge in Energie umwandeln. Die beiden finalen Schritte dieses Prozesses sind der Zitratzyklus und die Atmungskette. Beide Abläufe finden in den Mitochondrien statt.
Für die wissenschaftliche Forschung und die daraus resultierenden Erkenntnisse über die Herstellung und Nutzung von ATP wurde mehrmals der Nobelpreis in Chemie verliehen
- Aus Spektrum der Wissenschaft 12 / 1997: Nobelpreis für Chemie – Herstellung und Nutzung von ATP
Man merkt vielleicht, dass in mir eine gewisse Begeisterung für das Thema schlummert. Als ich vor einigen Jahren die Fitnesstrainer B-Lizenz gemacht habe, war das Thema Energiebereitstellung eines, was nachhaltig bei mir hängen geblieben ist. Es hat mir definitiv die Augen dafür geöffnet, was für ein faszinierendes Geschöpf der Mensch auch unter seine Körperhülle ist.
Wie gut dieser Prozess tatsächlich funktioniert, kann man zum Beispiel an dieser n=1 Studie sehen, in der ein Mensch 382 Tage komplett ohne Nahrung überlebt hat:
Der Citratzyklus: Welche Stoffe werden wie verarbeitet?
Um schlussendlich die Energie in Form von ATP vorliegen zu haben, werden im Mitochondrium zwei Prozesse benötigt. Der erste Prozess, der abläuft, ist der Citratzyklus. Die Basis für den Citratzyklus ist der Stoff Acetyl-CoA. Dieser entsteht im Körper durch die Umwandlung von Glykogen (Kohlenhydraten), Triglyceriden (Fetten) oder Aminosäuren (Eiweißen). Im Citratzyklus wird das Acetyl-CoA unter der Beteiligung von Wasser unter anderem in CO2, NADH (Nicotinamidadenindinukleotid) und einige weitere Stoffe umgewandelt.
Die Namensgebung:
Warum heißt das ganze Ding jetzt überhaupt Citratzyklus, wird sich der ein oder andere sicher fragen. Der Name resultiert aus dem ersten Schritt des gesamten Prozesses: Der Acetylrest (C-2) aus dem oben erwähnten Acetyl-CoA wird mit Oxalacetat (C-4) zu Citrat (C-6) kondensiert.
Der Citratzyklus vereinfacht visualisiert:
- Mehr Details: Der Citratzyklus auf Wikipedia
Die Atmungskette: NADH rein, ADP / ATP raus
NADH sowie einige andere Stoffe, die aus dem Citratzyklus resultieren, werden im Anschluss an die Atmungskette übergeben. In der Atmungskette werden diese Stoffe unter anderem durch Zuhilfenahme von Wasserstoff und Sauerstoff in Energie umgewandelt. Diese Energie wird nicht in Form von Wärme abgegeben, sondern dazu genutzt, aus ADP (DP = Di-Phostphat) und einem Phosphat-Molekühl den universellen Treibstoff, ATP (TP = Tri-Phostphat), zu synthetisieren, also herzustellen.
Die Atmungskette vereinfacht visualisiert:
- Mehr Details: Die Atmungskette auf Wikipedia
Das klingt nicht nur kompliziert, es ist auch kompliziert. Umso bewundernswerter, dass dieser Prozess nonstop in unserem Körper in Perfektion abläuft.
Der Stoffwechsel im menschlichen Körper
Um die einzelnen Erklärungen zu Citratzyklus und Atmungskette nicht komplett aus dem Ruder laufen zu lassen, habe ich mich entschlossen, ein paar zusätzliche Erläuterungen zum Stoffwechsel hier ans Ende des Artikels zu setzen:
1. Der Fettstoffwechsel als sauberste Stoffwechselform
Der menschliche Körper ist eine auf Ökonomie getrimmte Maschine. Wenn er das nicht wäre, hätten wir wahrscheinlich in der Evolution eines Tages den Kürzeren gezogen. So werden auch beim Stoffwechsel die sauberen Prozesse den „schmutzigen“ vorgezogen.
Deshalb ist es so, dass bei geringerer Aktivität der Fettstoffwechsel die bevorzugte Art der Acetyl-CoA-Herstellung ist. Dabei werden die Triglyceride (Fette) durch die β-Oxidation (mit Sauerstoff) in mehreren Schritten in Acetyl-CoA umgewandelt. Auf diese Weise kann eine große Menge ATP, allerdings nur mit einer begrenzten Geschwindigkeit, hergestellt werden.
Solang der Stoffwechsel in der Lage ist, mittels des Fettstoffwechsels, genügend ATP für die jeweilige Aktivität zu produzieren, ist dies der präferierte Stoffwechselweg.
- Anmerkung: Dennoch ist es so, dass im Körper niemals nur ein Stoffwechselweg genutzt wird. Alle Stoffwechselwege sind permanent aktiv, nur eben entsprechend unterschiedlich gewichtet.
2. Die Glykolyse: Mit Kohlenhydratstoffwechsel geht es schneller!
Irgendwann kommt man aber auch mal an den Punkt, an dem der Körper nicht mehr in der Lage ist, mehrheitlich die Energie aus Triglyceriden zur Verfügung zu stellen, weil der Fettstoffwechsel schlicht und ergreifend allein nicht mehr ausreicht. In diesem Fall wird der Stoffwechsel automatisch immer mehr Acetyl-CoA aus Kohlenhydraten (Glykogen) produzieren. Diesen Prozess nennt man Glykolyse.
Die Glykolyse läuft deutlich schneller ab als der Fettstoffwechsel, ist allerdings auch ineffektiver und produziert zusätzlich Abfallstoffe, die nur mittels Sauerstoff wieder abgebaut werden können. Hinzu kommt, dass die Glykogen-Reserve im Körper deutlich kleiner ist als die Fettreserve und der Stoffwechsel das Glykogen daher auch nur, wenn es absolut notwendig ist, in großen Mengen, einsetzen wird.
3. Von aerob zu anaerob: Was hat Laktat damit zu tun?
Wie bereits geschrieben ist der menschliche Körper in der Lage eine gewisse Menge an ATP durch Oxidation, also durch die Zuhilfenahme von Sauerstoff, herzustellen. Wenn aber die Menge an benötigter Energie in Form von ATP auf Grund von gesteigerter Aktivität (z.B. schnelles Laufen / Intervalltraining) immer weiter nach oben geht, ist die Muskelzelle irgendwann nicht mehr in der Lage ausreichend Sauerstoff für die saubere Glukose-Spaltung und somit die ATP-Produktion aufzunehmen.
Glücklicherweise kann in diesem Fall Glukose auch ohne Sauerstoff gespalten werden, allerdings nur bis zu einem bestimmten Grad. Was in diesem Fall von der Glukose übrig bleibt, nennt sich Laktat. Ja, da klingelt es! Das ist der Stoff, der für dieses schöne Brennen in der Muskulatur bei starker Ausdauer-Beanspruchung verantwortlich ist.
Irgendwann wird dieser Schmerz so stark, dass die Aktivität abgebrochen oder die Intensität deutlich gesenkt werden muss. Erst wenn wieder Sauerstoff in ausreichender Menge in die Zellen gelangt, kann das Laktat mit dessen Hilfe wieder abgebaut werden.
Fazit: Mit dem Wissen um diese vielen komplexen Prozesse ergibt das Wort Stoffwechsel auf einmal absolut Sinn für mich.
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