Eine smarte Schwimmbrille mit Head-up-Display direkt im Brillenglas, die dein Schwimmtraining vollständig und zuverlässig aufzeichnet und eine detaillierte Auswertung mittels Smartphone-App erlaubt? Klingt vielleicht nach Science-Fiction, ist es aber nicht. Die FORM Schwimmbrille soll genau das bieten. Was bekommt man also für den stolzen Preis von 200 Dollar tatsächlich geboten? Ich habe die High-End-Schwimmbrille unter die Lupe genommen.
Zahlen und Daten der FORM Schwimmbrille:
- Größe: 5 Nasenbrücken + Silikonband
- Wasserdicht: Bis 10 Meter Tiefe
- Display: Head-up-Display im rechten Glas
- Akku: bis zu 16 Stunden Schwimmzeit
- Aktivitäten: Ausschließlich Bahnen-Schwimmen
- Verbindung: Bluetooth 4.2 (zu Smartphone)
- Preis: 200 Euro UVP
- Garantie: 1 Jahr
- Kaufen: zum FORM Shop
Basisfunktion: Sitz, Sicht und Praktikabilität der FORM Schwimmbrille
Zuallererst lassen wir die smarten, digitalen Funktionen der FORM Schwimmbrille einmal außen vor, denn wenn eine Schwimmbrille für 200 Dollar die Basisfunktionen nicht auf höchstem Niveau erfüllen kann, dann kann sie noch so viele smarte und digitale Features haben.
Für mich ging es daher ab ins Düsseldorfer Rheinbad. Ein großes 50-Meter-Edelstahl-Becken, die Halle leicht abgedunkelt, mit recht viel fluchtlichtartiger Beleuchtung von oben. Ich teile euch das nicht nur mit, weil das Rheinbad ein super Bad ist, sondern da es gleich noch eine Rolle spielen wird…
Sitz und Komfort – Erwartungen erfüllt
Im Gepäck natürlich die FORM Brille, sowie meine bewährte Arena Cobra Ultra. Mit der Cobra komme ich seit ein paar Jahren wirklich super zurecht und sie dient als mein Maßstab.
Los geht’s. Vorab hatte ich zu Hause für die FORM eine Nasenstegbreite gewählt, die sich gut anfühlt. Brille einmal ordentlich nass gemacht, etwas ausgeschüttelt und dann aufgesetzt. Sitzt gut und schließt wasserdicht ab. Die Wahl der Stegbreite war also die richtige!
Die FORM sitzt gut und ist bei mir in keiner Weise unangenehm zu tragen. Das Glas ist minimal getönt und macht so keine Probleme, selbst in der leicht abgedunkelten Schwimmhalle nicht.
Sicht und Orientierung – Leider stark eingeschränkt
Sitz und Komfort passen also schon mal. Was ist nun mit der Sicht und in der Folge mit der Orientierung? Tja, hier flattert die erste große Enttäuschung ins Haus. Das Sichtfeld der FORM Schwimmbrille ist im Vergleich zu meiner Arena Ultra wirklich seeeeeeehr klein. Zwar sind die Seiten der Gläser ebenfalls transparent, aber wirkliche Sicht hat man dadurch nicht, denn dort verschwimmt alles sehr stark. So beschränkt sich das eigentliche Sichtfeld, auf den flachen vorderen Teil der Gläser. Ich bin enttäuscht.
On top kommt ein weiteres großes Problem: Die hellen flutlichtartigen Lampen außerhalb des Beckens sorgen für extrem helle und unangenehme Reflexionen in den oberen Seiten der Gläser.
Insgesamt ist der negative Unterschied in Sachen Sicht, im Vergleich zur Arena Ultra, schon enorm groß. Nach den ersten 1.000 Metern habe ich daher die Brille im Becken gewechselt, nur um noch mal sicherzugehen. Leider ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Dazu muss ich sagen: Ich hasse es, wenn ich kaum Sicht und Orientierung beim Schwimmen habe. Natürlich kann man mit so einer Brille trotzdem ganz normal trainieren und vielleicht stört es andere Schwimmer auch überhaupt nicht… aber puh… wie man an meiner Arena Brille sieht, geht es einfach sooooo viel besser.
Beschlag-Verhalten – Bisher keine Probleme
In den paar Schwimm-Sessions, die ich mit der FORM absolviert habe, gab es keine Probleme mit dem Beschlagen. Was mir allerdings aufgefallen ist, ist, dass die Gläser sehr anfällig für winzige Kratzer sind. So habe ich die Brillengläser lediglich mit einem sauberen Baumwoll-T-Shirt abgewischt und habe damit etliche winziger Kratzer in der Beschichtung der Gläser hinterlassen. Diese stören zwar überhaupt nicht beim Tragen und sie stören auch nicht bei der Sicht, irritiert hat mich das allerdings schon.
Leider erfüllt die FORM Schwimmbrille die Basisanforderung an eine Schwimmbrille nur sehr eingeschränkt. Dennoch kann man mit der Brille schwimmen, nur halt mit deutlich eingeschränkter Sicht.
Die digitalen Funktionen der FORM Schwimmrbille: So muss digitale Trainingsbegleitung aussehen
Vielleicht geht’s euch an dieser Stelle wie mir: Schon bevor wir zu den eigentlich innovativen Funktionen der Schwimmbrille kommen, gab’s den ersten großen Dämpfer. Aber ich kann direkt vorab sagen: Bei den digitalen Trainingsfunktionen kann die FORM Schwimmbrille voll punkten!
Für diesen Teil des Tests hatte ich zum Vergleich meine Garmin Forerunner 935 am Handgelenk, um zu sehen, wie sich das Schwimmtracking der FORM im Vergleich zur Garmin schlägt. Ich habe beide Geräte zum Beginn der Schwimmsession gestartet und von da an einfach durchlaufen lassen. Ich habe bewusst beide Geräte NICHT manuell pausiert in den Schwimmpausen.
Bevor es losgeht startet man die Brille über einen langen Knopfdruck. Dann wird man gefragt, wie lang die Bahn ist, auf der man schwimmt. Hier gibt es diverse Auswahlmöglichkeiten. Für mich reichen aktuell aber die Optionen 25 und 50 Meter. Nun kann man wählen, ob man einfach frei Schnauze Bahnen schwimmen will oder ob ein Intervall-Programm absolviert werden soll. Für meinen ersten Test wurde es ein einfaches, freies Schwimmen.
Messung von Bahnen, Pace und Distanz im Becken
Ich sag’s euch direkt: Im Vergleich zur Genauigkeit der FORM-Messung sieht die Garmin 935 echt alt aus. Die FORM Schwimmbrille hat alle meine Bahnen perfekt gezählt und das, obwohl ich das ein oder andere Mal versucht habe sie zu irritieren. So habe ich einen kurzen Stopp auf der Hälfte Bahn eingelegt oder gelegentlich mitten auf der Bahn den Schwimmstil gewechselt. War alles kein Problem für die FORM. Auch die Erkennung des Schwimmstils funktioniert astrein.
Mit einer Sache konnte ich sie dennoch aus dem Konzept bringen. Am Beckenrand habe ich die Brille, ohne per Tastendruck zu pausieren, abgenommen, sie mit Wasser ausgespült und geschüttelt. Das war der einzige Fall, in dem die FORM gedacht hat, ich schwimme eine Bahn, obwohl ich es nicht tat. Die Lösung ist aber einfach: Bevor man das tut, kann man mit einem Klick auf die Taste an der Unterseite der Steuereinheit am rechten Brillenglas die Aktivität pausieren.
Das Display – Immer gut im Blick
Vorab war ich skeptisch, wie gut so ein ins Brillenglas projiziertes Display wirklich funktionieren kann. Ich wurde eines Besseren belehrt. Das Display ist wirklich top und war mir zu Beginn sogar etwas zu hell, ließ sich über das Menü aber fix etwas dimmen. Die gelbe Schrift grenzt sich, gerade unter Wasser, perfekt ab und lässt sich tadellos lesen. Auch die Schriftgröße der beiden Datenzeilen ist optimal gewählt.
Die Anzeige-Modi der FORM Schwimmbrille
Nicht nur das Tracking der FORM ist top, sondern auch die Art und Weise, wie die Informationen auf dem Display angezeigt werden. Meine Lieblingsfunktion: Die Brille erkennt, wenn man am Beckenrand gerade Pause macht und zeigt einem dann die hochlaufende Pausenzeit an. Das ist super praktisch und erlaubt somit auch, die Pausenzeiten optimal zu steuern.
Schwimmt man los, läuft in der oberen Zeile die aktive Zeit und in der unteren die zurückgelegte Distanz. Es sei denn, man hat gerade gewendet, dann wechselt das Display kurz: In der unteren Zeile wird dann die Zeit angezeigt, die man für die gerade zurückgelegte Bahn benötigt hat. Toll, um seine Pace über längere Abschnitte zu steuern. Nach ein paar Sekunden wechselt die Ansicht dann automatisch zurück zur Distanz.
Ähnlich ist es, wenn man ein Intervall zu Ende geschwommen hat. Die Brille erkennt, dass man am Beckenrand angekommen ist und kurz Pause macht und zeigt einem sofort die benötigte Zeit für das gesamte letzte Intervall an. Egal, ob 100, 200, 500 oder sonstwieviel Meter. Nach ein paar Sekunden wechselt die Anzeige dann zum Pausentimer.
Individuelle Anzeigen – Über die App möglich
Zum einen besitzt die Schwimmbrille zwei Grundmodi, zwischen denen man sogar mitten im laufenden Training wechseln kann. Die beiden Modi unterscheiden sich in ihrer Anzeigeform. Beim freien Schwimmen sehe ich standardmäßig immer die Gesamtzeit und Gesamtdistanz meines Trainings hochlaufen. Im Intervallprogramm werden mir, wie man es sich sicher denken kann, während der Aktivität „nur“ die Daten zum aktuellen Intervall angezeigt. Das ist natürlich vorwiegend dann super nützlich, wenn man seine Intervalle in einer ganz bestimmten Pace schwimmen will.
Generell ist man allerdings nicht nur auf die vordefinierten Werte beschränkt, sondern kann die angezeigten Metriken recht frei über die App konfigurieren. Dazu weiter unten deutlich mehr.
Die digitalen Funktionen der FORM Schwimmbrille sind absolut top.
Die Metriken der FORM Schwimmbrille:
- Zeiten ( aktiv und kumuliert )
- Distanzen ( Gesamt, Bahn und Intervall )
- Pace ( Gesamt, Bahn und Intervall )
- Schwimmstilerkennung
- SWOLF
- Anzahl Züge
- Durchschnittliche Zuganzahl
- Verbrauchte Kilokalorien ( kcal )
Ergänzung: Pulsmessung in Kombination mit POLAR
Ganz frisch ist noch, dass man mit der FORM Schwimmbrille nun auch seinen Puls beim Schwimmen messen kann. Dafür benötigt man allerdings einen Polar OH1 Pulsmesser, der am Kopfband der Brille montiert wird und den Puls an der Schläfe misst. Selbst testen konnte ich das jetzt leider noch nicht, aber ich bin dran, mir einen entsprechenden Polar Pulsmesser zu organisieren.
Die Smartphone-App der FORM Schwimmbrille
Auch hier will ich direkt sagen: Die FORM Smartphone App macht einen richtig guten Job. Es gibt sie sowohl für iOS-Geräte im Apple App Store, als auch für Android im Google Play Store.
Die Einrichtung der Brille funktionierte tadellos und das Konfigurieren der Brille selbst funktioniert über die App deutlich angenehmer.
Hier fühle ich mich ein wenig an die Wahoo ELEMT App erinnert, die für mich damals die erste App überhaupt war, die es ermöglichte komfortabel das Gerät über die App komplett zu konfigurieren… nur ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl an Garmin. 😉
Die Auswertung der Schwimmeinheiten in der FORM App lässt wenig zu wünschen übrig. Von zusammengefassten Werten bis hin zur Auswertung jeder einzelnen geschwommen Bahn mit allen zur verfügung stehenden Metriken wird alles geboten – in Tabellenform und auch in Form von diversen Grafiken.
Was es in der App auch gibt, mich aber überhaupt nicht interessiert: Community-Features. Hier kann man „Freunde“ oder Trainingsbuddies die ebenfalls die FORM nutzen hinzufügen und seine Trainings miteinander teilen. Naja… brauch ich jetzt nicht unbedingt. Wenn ich das tun will, dann nutze ich direkt Strava.
Integration externer Dienste
Apropos Strava: Die FORM App kann die Aktivitäten problemlos zu Strava, Garmin, Trainingpeaks und Apple Health übertragen. Praktischerweise sind mit Strava und Trainingpeaks meine beiden Dienste bereits an Board. Schauen wir mal, ob sich diese Liste in den nächsten Wochen noch erweitert.
Die FORM Smartphone App ist super umgesetzt und sehr intuitiv zu bedienen.
Abschließende Gedanken zu meinem FORM Schwimmbrillen Tests: Der Konflikt zwischen Verschleißteil und High-End-Technik
Mein Fazit unterteile ich in zwei Bereiche. Zum einen geht es um den Nutzen der Brille als smartes, digitales Trainingstool und zum anderen um die Tücken, die entstehen, wenn ein eigentliches Verschleißteil zu einem 200 Euro High-End-Technik-Tool aufgewertet wird.
Die FORM Schwimmbrille als smartes, digitales Trainingstool
Ich muss sagen, ich bin von der Genauigkeit und der Zuverlässigkeit der Trainingserfassung der FORM Schwimmbrille wirklich begeistert. Sie misst auf den Punkt genau und steckt dabei meine Garmin Forerunner 935 komplett in die Tasche. On top ist das Display im rechten Brillenglas wirklich gut abzulesen und liefert einem genau zum richtigen Zeitpunkt, genau die Infos, die man benötigt.
On top hat man mittels Smartphone-App die Möglichkeit, die angezeigten Metriken an die eigenen, eventuell besonderen, Bedürfnisse anzupassen.
Die Smartphone App selbst ist top designt und die Bedienbarkeit ist absolut state of the art.
Im Bereich der Datenerfassung, Präsentation und Auswertung haben die Jungs und Mädels von FORM einen absoluten top Job gemacht. Dafür meinen großen Respekt!
Grundlegende Einordnung einer Schwimmbrille
Bisher war eine Schwimmbrille für mich ein eher günstiges Verschleißteil. Irgendwann, bei mir circa nach einem Jahr regelmäßigen Nutzens, versagte bei den meisten meiner Schwimmbrillen die Anti-Beschlag-Funktion. Ein paar Monate kann ich dann in der Regel noch weiter für freie Sicht durch den Einsatz von Spucke im Brillenglas sorgen. Danach hieß es dann: Neue Brille. Kosten: Irgendwas zwischen 20 und 30 Euro.
Nun habe ich die FORM Schwimmbrille auf dem Kopf sitzen und muss – wenn ich diese Brille von nun an nutzen will – meine bisherige Einordnung einer Schwimmbrille als Verschleißteil über Board werfen. Nur, was passiert, wenn an dieser 200 Dollar Brille nicht die Multimedia-Technik, sondern die eigentliche Brille anfängt zu versagen. Was ist, wenn sie nicht mehr richtig abdichtet? Was, wenn sie anfängt, sofort zu beschlagen?
Diese Fragen habe ich auch FORM direkt gestellt und ich hatte gehofft, dass es vielleicht sowas wie ein Austauschprogramm für z.B. 30 bis 40 Dollar gibt. Alte Brille, weil verschlissen, aber mit vollkommen intaktem „Computer“ zurück und eine frische Brille, gerne dann mit meinem „alten“ Schwimmcomputer zurückbekommen. Leider ist dem nicht so!
Allerdings sagt FORM selbst, dass die Brille so konzipiert und ausgelegt ist, dass sie auch einer längeren und intensiven Benutzung standhält. Das ist für mich jetzt natürlich in so kurzer Zeit schwer zu überprüfen, aber meine bisherige Erfahrung mit Schwimmbrillen im allgemeinen, lässt durchaus eine gewisse Portion Skepsis in mir zurück.
Fazit – Sicht schwach, Trainingsfunktionen top
Fassen wir abschließend zusammen: Die FORM Goggles setzen definitiv neue Maßstäbe, was das Tracking und die interaktive Steuerung des Schwimmtrainings angeht.
Wenn FORM es doch nur geschafft hätte, die Schwimmbrille an sich besser zu gestalten – hier stört mich primär das sehr stark eingeschränkte Sichtfeld – dann wäre das Ding wirklich rund.
Man müsste natürlich immer noch genau überlegen, ob man so viel Nutzen aus dem Gerät ziehen kann, dass ein 200 Dollar Investment gerechtfertigt ist, aber immerhin hätte man dann ohne Wenn und Aber ein absolutes top Trainingstool. So bleibt bei mir nun allerdings der fade Beigeschmack der recht dürftigen Sicht und der ungeklärten Langzeit-Haltbarkeit.
Die FORM in ihrer jetzigen Bauweise würde für mich selbst nicht infrage kommen.
Ich sehe es allerdings als einen ersten Schritt zu einer Technologie, die in Zukunft vielleicht sogar modular an diversen Schwimmbrillen integriert werden kann. Wenn FORM sich jetzt die richtigen Gedanken zum Sichtfeld und zum Verschleiß der Brille macht, dann sieht das Ganze schon wieder ganz anders aus.
Ich ziehe meinen Hut vor dem Mut, hier den ersten Schritt zu gehen und diese absolut spannende Technik zu entwickeln und in einem ersten Produkt auf den Markt zu bringen!
Nun gilt: Aus den Tücken und Fehlern lernen und entweder an einer Version 2 ohne Tücken arbeiten oder vielleicht sogar auf ein modulares System wechseln und sich mit dem ein oder anderen großen Schwimmbrillen-Hersteller zusammen tun. Ich habe im Gefühl, wenn das exzellente Tracking mit Erfahrung aus dem klassischen Schwimmbrillen-Design kombiniert wird, etwas Großartiges entstehen kann!
Weiterführende Links:
Für diesen Test wurde mir eine FORM Schwimmbrille kostenlos von FORM zur Verfügung gestellt.
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